25 Jahre INSTITUT BAVARICUM

- die Geschichte die dahinter steckt -

Ein Glücksfall besonderer Art sei das Institut Bavaricum und seine Leiterin für München, befand bereits 1983 Ministerpräsident a.D. Dr. Alfons Goppel in seinem Schreiben an den Oberbürgermeister, mit dem er vorschlug. Elfi Zuber die Medaille "München leuchtet - den Freunden Münchens" in Silber zu verleihen. und fügte hinzu, er kenne keine vergleichbare Leistung, die zudem ausschließlich auf privaten Engagement beruhe. Und einer, der es eigentlich noch besser wissen mußte, Dr. Richard Bauer, Direktor des Stadtarchivs München, mit dem nach eigenen Bekunden der so Geehrten von Anfang an eine ausgezeichnete Zusammenarbeit bestanden habe, führt eines ihrer Bücher ein mit den Worten: "Das Engagement und die unermüdliche Tatkraft von Elfi Zuber sind ein Phänomen, das aus München nicht mehr wegzudenken ist."

Seit nunmehr 25 Jahren vermittelt das Institut Bavaricum unter dieser Frau interessierten Bürgern die Geschichte ihrer Stadt, und zwar nicht isoliert, sondern eingebettet in die Geschichte Bayerns, Deutschlands und Europas in einer Form, wie sie ein zweites Mal kaum anzutreffen sein wird. Wer jedoch die energiegeladene, mit ausgeprägten pädagogischen Fähigkeiten ausgestattet Elfi Zuber einmal kennengelernt und erlebt hat, wie sie ihr "wahrhaft profundes Wissen in mitreißender Weise" an die Frau oder an den Mann bringt, kann gar nicht umhin, gewissermaßen mit ihren Augen die vielen versteckten Sehenswürdigkeiten zu entdecken, sich möglicherweise zum perfekten "Stadtführer" ausbilden zu lassen und im Zweifelsfall dem Club Bavaricum, der Vereinigung der Freunde des Instituts beizutreten. Denn "Geschichte so doziert, ist Bereicherung und Genuß zugleich!" schrieb ein Teilnehmer nach einer Führung begeistert.

Fragt man Elfi Zuber nach einer Erklärung für diesen erstaunlichen Erfolg ihres Unternehmens, das wohlgemerkt - und verwunderlicherweise bei so reichlichen Lobeshymnen (!) - noch niemals irgend einen öffentlichen Zuschuß erhalten hat, so erscheint sie erstmals ein wenig ratlos: "Jeder", sagt sie "dem ich damals von meiner Idee erzählt habe, hat sich an den Kopf gelangt und gemeint, ich spinne". Ausreden hat sich eine Elfi Zuber freilich nichts lassen und daher "mit einem einzigen Zuhörer" angefangen, fügt sie lachend dazu. Das war 1973. Inzwischen konnte sie vielen Tausenden Münchnerinnen und Münchnern ihre Heimatstadt näherbringen; rund 2500 von ihnen fanden dabei so viel Gefallen an der Historie, daß sie den Nachfolgekursus und schließlich die Prüfung zum "Stadtführer" ablegten, wobei auch ein Zertifikat ausgehändigt wird. In die Abertausende geht die Zahl derjenigen Bürger, die von 1977 bis 1998 an den zum jeweiligen Stadtgeburtstag von der Süddeutschen Zeitung gesponserten kostenlosen Führungen teilgenommen haben. Auch bei der vom Kulturreferat der Landeshauptstadt von 1977- 1981 jeweils jährlich veranstalteten Kulturwoche war das Institut Bavaricum mit Führungen beteiligt.

Der Förderclub Bavaricum e.V. zählt zur Zeit 1250 Mitglieder - allesamt hervorgegangen aus den Grundkursen zur Stadtgeschichte -, die sich zur Intensivierung ihrer Kenntnisse und zur Pflege des gemeinsamen Hobbys regelmäßig bei Aktivitäten treffen. Trotzdem blieben da immer noch und immer wieder Bedenken, ob die neuanberaumten Lehrgänge wohl genügend Zulauf haben würden und schließlich das große Staunen, daß sie jedes Mal Bewerber vertrösten müsse, denn mehr als 25 Personen nehme sie nicht an. Bei größeren Gruppen könne der einzelne vor allem vor Ort nicht genügend profitieren.

Elfi Zuber stammt aus dem Sudetenland. Sie wurde als Elfi Schmiedl in Weipert, der heutigen CSSR als Tochter einer selbständigen Geschäftsfrau und eines Musiklehrers mit eigener Schule geboren. Prägend für das kleine blonde Mädchen, von dem es im Gegensatz zur größeren Schwester immer hieß "Also schön ist sie wirklich nicht!" war der heißgeliebte Onkel Hugo Dießl. Der nämlich hatte u.a. mit viel Hingabe und Akribie ein Heimatmuseum eingerichtet und ausgestattet und vererbte dem Kind gewissermaßen seine eigene Faszination gegenüber allen Spuren der Vergangenheit. Und suchte man dieses, so lag es zuweilen irgendwo auf dem Fußboden und reiste mit Hilfe von Büchern, Landkarten und Kästchenpapier und Bleistift in ferne Länder, entdeckte Schätze, von denen andere nicht einmal träumten.
Der im Krieg eingezogene und in Gefangenschaft geratene Vater fand seine inzwischen aus der Heimat ausgewiesene Familie Ende 1946 wieder. Er hatte in Maisach eine Stelle als Chorregent bekommen und die Familie von Thüringen nach Bayern geholt.

Der vorgezeichnete Weg für Elfi Zuber - Internat in Karlsbad, Studium der Geschichte in Prag - war durch die Wirren des Krieges verbaut. Ein Schulbesuch bei den Englischen Fräuleins wurde abgebrochen, da sich die Möglichkeit bot, über Pro Juventute in die Schweiz zu gehen, um Fürsorgerin zu werden. Zum Glück für München kam es nicht so weit.
1949 lernte sie einen jungen Holzkaufmann kennen, der ebenfalls schwere Zeiten hinter sich hatte. Vier Jahre später heirateten die beiden und stürzten sich in den Aufbau einer eigenen Firma. "Ich habe Buchhaltung gelernt, Bilanzkurse belegt und jahrelang unser Geld verwaltet" erinnert sich Elfi Zuber schmunzelnd. "Aber zwei Chefs konnte die kleine Agentur nicht verkraften", fügt sie hinzu. 1958 erblickte eine gesunde Tochter - Ariane mit Namen und heute studierte Betriebswirtin und Tourismusfachfrau mit eigenem Reisebüro - das Licht der Welt. "Mit ihr habe ich alles das unternommen, was mir verwehrt geblieben ist. Nur mit Geschichte durfte ich ihr in ihrer Jugend nicht kommen; die liebte sie wohl schon aus purer Opposition der Mutter gegenüber nicht besonders. Heute denkt sie schon anders darüber."
Die Idee, der letzlich das Institut Bavaricum zu verdanken ist, war jedoch immer latent vorhanden, wenngleich Elfi Zuber eigene Interessen zugunsten ihrer Tochter zunächst hintanstellte. Schließlich hatte sie sich schon in der Nachkriegszeit für Münchner Stadtgeschichte begeistert, besonders für die zerstörte Residenz und ist "in den Werkstätten nur so herumgeschwirrt". Als Autodiktat zwar, aber mit umfassenderen und gründlicheren Kenntnissen als man gemeinhin auf der Universität vermittelt bekommt, so war sie geradezu entsetzt über die geringe Qualifikation der Stadtführer, die anläßlich der Olympiade das internationale Publikum informierten. Nicht nur. Auch während ihrer Reisen mit Ehemann oder Freunden waren ihr die langweiligen, runtergehaspelten, zahlengespickten Erklärungen der Guides ein ständiges Ärgernis. "Das könnte man doch besser machen", fand sie. Ganz automatisch übernahm sie es, während der Fahrten mit PKW, Bus oder Bahn über Mikrofon auf diese oder jene Besonderheit und Sehenswürdigkeit hinzuweisen, "aus dem Handgelenk" die Geschichte dazu zu bemühen oder einfach, etwas aus einem entsprechenden Buch vorzulesen. Was die Unternehmungen für alle Beteiligten zweifellos erst zum Erlebnis machte. "Die Zeit war einfach zu schade, um nur dazusitzen und alles überfliegen zu lassen", sagt sie. Ganz selbstverständlich sorgte auch ihr bei vielen Wettbewerben und Kunstausstellungen als Fotograf mit Auszeichnungen hervorgegangene Ehemann Walter für das notwendige Bildmaterial.

1973 startete Elfi Zuber von Beginn an unter der Bezeichnung "Institut Bavaricum" ihr Projekt über eine Ankündigung im Münchner Stadtanzeiger sowie mehreren Anzeigenblättern. Sie mietete in dem früheren Haus Marienplatz Nr.18 stundenweise einen Raum und harrte pünktlich um 18 Uhr der Dinge, die da kommen sollten. Es kam "der einzige Zuhörer", ein Student, mit dem sie jedoch eisern den vierwöchigen Kurs in Theorie und Praxis durchgezogen hat. Für den zweiten Kurs meldete sich neben vier weiteren Teilnehmern "ein Herr Hirmer" an. Doch vor lauter Panik ob des gewichtigen Namens habe sie alle Leute nach Hause geschickt, den Unterricht "aus persönlichen Gründen" vertagt und sich in die Arme ihres Mannes geflüchtet. "Eigentlich konnte ich bis dahin gar nicht so recht glauben, daß aus der Sache etwas werden würde", beichtet Elfi Zuber. "Ich hatte ja keine akademischen Titel vorzuweisen, nur ein jahrzehntelanges Selbststudium und gehöre einfach zu der Generation, die nicht den normalen Weg gehen konnten". Der damalige Chefredakteur des Münchner Stadtanzeigers, Erich Hartstein, war jedoch ein Mentor ohne Vorurteile. Mag bei diesem ersten Interview auch die Würze in der Kürze gelegen haben, so war es doch dazu geeignet, auch Abendzeitung und Süddeutsche aus der Reserve zu locken. Das Geschäft fing an zu florieren.

1974 gründete Elfi Zuber den Club Bavaricum. Die Idee war ausnahmslos Absolventen der beiden Stadtführungskurse als Mitglieder zuzulassen. Und die Bedingung, daß möglichst jeder eine eigene Führung schriftlich erarbeiten und nach Genehmigung des Manuskriptes durch Elfi Zuber für die anderen durchzuführen habe. Der Anstoß für solches Tun kam von einem ihrer Schüler, einem jungen Mann: "Wissen sie eigentlich, was sie da für ein Kapital brachliegen haben? Die Leute wollen doch nicht gleich aufhören, sondern mehr wissen!" Wie recht er hatte. Alsbald war der Zustrom zum Club nicht mehr aufzuhalten. Es ist heute ein eingetragener Verein mit Satzung, die Ziele und Verwendung der Mittel aus Beiträgen und Spenden regelt sowie Rechte und Pflichten von Mitgliedern und Clubleitung, die Elfi Zuber obliegt. Es ist darüber hinaus eine Art "Heimat und Aufgabe geworden", meint Elfi Zuber. Und Dr. Richard Bauer bescheinigt ihm neben der Funktion einer Volksuniversität sogar eine Art Anlaufstation für psychologische Bedürfnisse. Jeden Monat geht ein Brief mit der Ankündigung der am Jahresbeginn festgelegten Führungen an alle Mitglieder. Sie finden ein - bis zweimal wöchentlich und für die Berufstätigen am Samstag statt. Als besonders Schmankerl erscheinen die Manuskripte gebunden im Rahmen eines sogenannten Almanachs - früher im Zweijahresturnus, jetzt alle drei Jahre. Die bisherigen zehn Bände können von Clubmitgliedern gegen einen Obulus erworben werden. Ansonsten stehen sie in einschlägigen Bibliotheken. Darüber hinaus besteht das Angebot für Clubmitglieder aus einem geradezu verwirrend vielseitigem Sonderkursprogramm zu Themen wie Die Münchner Residenz - ihre Geschichte und ihre Bewohner, Die Entwicklung der Kunst und ihre Geschichte im Wandel der Jahrhunderte, Die Geschichte der deutschen Kaiser, Einführung in die Malerei, Griechische Mythologie etc.etc. Und seit 1987 immer wieder Zeitgeschichte als ein echtes Anliegen von Elfi Zuber, die sie in schlimmster Form hautnah erfahren hat, etwa 1938 beim Einmarsch von Hitlers Truppen in ihre Heimat und schon als Kind die ersten Toten ihres Lebens sah. Nicht zu vergessen ist ein reichhaltiges ein- und mehrtägiges Reiseangebot zu den Kunstschätzen bis ins europäische Ausland. Hochqualifizierte Referenten betreuen jeweils die entsprechenden Fachgebiete.

Seit 1977 bietet die Süddeutsche Zeitung auf Anregung von Elfi Zuber und aus Anlaß des Stadtgeburtstages am 14.Juni alljährlich die schon erwähnten gesponserten Führungen an. Bis zu 400 Personen pro Einsatz versammeln sich bei diesen Gelegenheiten um Elfi Zuber und die Besten ihrer "examinierten" Stadtführer, um im Verlauf des einen oder anderen Rundgangs ihre Heimatstadt besser kennen zu lernen. Die Experten aus dem Kreis ihrer Schüler vermittelt sie bei Bedarf auch bei entsprechenden Anfragen, etwa wenn auswärtigen Gästen bei Familienfeiern die Stadt gezeigt werden soll, Gruppen Stadtteilführungen wünschen, Firmen eine spezielle Art von Betriebsausflug planen.

Zweifellos ist Elfi Zuber eine der nicht allzu vielen glücklichen Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Doch ohne Fleiß kein Preis! Da sie geradezu ein Synonym für Qualität und fundiertes Wissen anzubieten bestrebt ist, kann sie sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Um den Standard zu halten gilt es vielmehr. z.B. sämtliche Ausstellungen, die ihre Themen berühren, zu besuchen, die neuesten Auseinandersetzungen der professionellen Historiker zu kennen, Vorlesungen an der Universität zu hören, Stunden um Stunden in staubigen Archiven zu wühlen. In erster Linie scheint das Münchner Stadtarchiv ein Lied davon singen zu können behauptet jedenfalls Dr. Richard Bauer, daß sie gewissermaßen hochspezialisiert sei auf schmerzlich-lustvolle, zeitaufwendige und materialintensive bohrende Nachfrage nach den "quantites negligeables" der Historiker und damit wahrscheinlich eine vorauseilende Disziplinierung seiner Mitarbeiter bewirkt habe, die allesamt sehr viel vorsichtiger ihre stadtgeschichtlichen Aufsätze formulierten, da sie mit entsprechenden Erklärungen - von der Fragestellerin höchstpersönlich an Ort und Stelle eingefordert - rechnen müßten.

"Als ich meine Tochter Ariane im Kinderwagen spazieren fuhr - wir wohnten damals in der Tengstraße -, erwachte meine Liebe zum aufgelassenen Alten Nordfriedhof. Ein kleines Büchlein über diese kulturgeschichtliche Stätte zu schreiben, war schon lange mein Gedanke", begann Elfi Zuber das Vorwort zu ihrem ersten Hardcover. "Der Alte Nördliche Friedhof - Ein Kapitel Münchner Kulturgeschichte". Es war auch die erste umfassende Darstellung dieses Gottesackers mit stadtgeschichtlicher Bedeutung und wurde im Verlag Angerer herausgebracht. Für die Autorin barg der Titel allerdings nur Ärger: Bei der ersten Begehung des Friedhofs nach der Buchvorstellung fehlte wundersamerweise ein wichtiger, bereits dokumentierter Grabstein, der erst nach Diskussion in der Presse unter ominösen Umständen wieder auftauchte, was boshafte Zungen als eine trickreiche Absatzstrategie indentifizierten. Auch mit dem Verleger lief nicht alles glatt. "Seitdem bin ich vorsichtiger geworden" behauptet Elfi Zuber nicht ohne Selbstbewußtsein, " und ich verlege alle meine Manuskripte selber". Das sind bis heute insgesamt sieben Hardcover und sechs Broschüren - eine (einer) immer interessanter als der die) andere und sowohl im Institut als auch im Buchhandel zu erwerben. Einen wichtigen Platz nehmen die von Arbeitsgruppen aus ihren Schüler-Reihen zusammengestellten vier Bände der Münchner Altstadtviertel ein. " Wir haben nicht geahnt, daß so viel dabei herauskommt", schwärmt Elfi Zuber bei der Vorstellung des Hackenviertelbandes 1984
Und wie soll es nach ihrer Meinung weitergehen? Welche Pläne hat Elfi Zuber für die nächsten Jahre? "Zugegeben", sagt sie, "ich habe reichlich Energie mitbekommen, und die mußte ich loswerden." Auf einem Höhepunkt ihrer Arbeit wurde sie 1983 mit der Medaille "München leuchtet" in -"Silber" ausgezeichnet. Es sei zudem hier verraten, daß Elfi Zubers Name und Institution in allen wichtigen Verzeichnissen zu finden ist, wie z.B. in "Who is Who oder im "Egerländer Biographischen Lexikon", so daß es etwa auch Herrn Cheng aus Taiwan gelang, Stadtgeschichte bei ihr zu buchen.

Zum 25-jährigen Jubiläum verlieh der Bundespräsident auf Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Elfi Zuber das Bundesverdienskreuz; es wurde ihr am 1. Februar 1999 durch Herrn Staatsminister Hans Zehetmair überreicht.
"Aber manchmal denke ich mir, es ist Zeit, das Unternehmen in jüngere Hände zu geben. " Seit knapp zehn Jahren jedenfalls versucht Elfi Zuber eine Kronprinzessin oder einen Kronprinzen heranzuziehen. "Ich möchte jemanden finden, der das Institut Bavaricum in meinem Sinne weiterführt". Doch gerade die jungen Männer ergriffen rasch das Hasenpanier , wenn sie nähere Bekanntschaft mit ihrem täglichem Arbeitspensum machten. Vorerst wird also Elfi Zuber München noch eine Weile erhalten bleiben.