Am 20. Februar 2013 fand das große Jubiläumsfest in der Akademie der Wissenschaften mit 400 Anwesenden statt. Unter mehreren Festrednern waren die Ausführungen von Herrn Dr. Richard Bauer (Stadtarchivdirektor a. D.) besonders individuell auf die Leistungen der Jubilarin abgestimmt. Die Rede können Sie nachstehend lesen. 

 

 

 

Festrede Dr. Richard Bauer

Frau Zuber hat keine Laudatio gewünscht. Doch erlaube ich mir als ehemaliger Münchner Stadtarchivar hier einige Anmerkungen zu machen, die eine Einordnung ihrer Besonderheit und ihrer Lebensleistung erleichtern. Sie sind zugleich das kurze Resumee einer beinahe vier Jahrzehnte andauernden Bekanntschaft, die nicht ohne freundschaftliche Konsequenzen geblieben ist.

Frau Zubers Anfänge im bavaristisch-monacensischen Lehramt waren bekanntlich kühn. Ohne alle „Höheren Weihen“, sprich ohne universitäre Abschlüsse und Diplome, dafür aber ausgestattet mit einer erstaunlich ausgereiften Unterscheidungskraft für das wirklich Wissenswerte und für das Überflüssige, machte sie sich vor vierzig Jahren ans Werk, die eigene Begeisterung für ihre Heimat an andere Menschen weiterzugeben. Selbstbewusstsein war von Anfang an gegeben, auch wenn sie dies hinter einer mädchenhaften Schüchternheit geschickt zu verbergen verstand. Ihre perfekten Umgangsformen, ihr elegantes Erscheinungsbild und ihre freundliche Bescheidenheit erleichterten ihr jedenfalls überall den Zutritt. Etwaige Vorbehalte gegenüber vorhandenen Wissenslücken baute sie schnell und nachhaltig dadurch ab, dass sie stets mit aller Offenheit  zu erkennen gab, dass sie als Lehrende zu allererst Lernende sein wollte.

Doch leicht hat sie es den kontaktierten Institutionen nicht gemacht. Denn Frau Zuber konnte hartnäckig sein, konnte auf Klärungen insistieren, trug gerne Notizblätter mit sich, die an Unerledigtes erinnerten und scheinbar Erledigtes erneut in Frage stellten. Ich kann hier nur für das Stadtarchiv sprechen: Sobald jedenfalls der Hut (Frau Zuber trug immer die schönsten Hüte der Stadt) im Treppenhaus gesichtet wurde, herrschte Alarmstimmung. Wen würde es diesmal treffen? In der Regel war es ein Doppelschlag gegen Dr. Stahleder und mich. Einer von beiden musste Bescheid wissen. Dann gab es auch die Mahnadressen. Da und dort war in der Presse historischer Unsinn geschrieben worden, der Leserbrief war bereits konzipiert, wo blieb die amtliche Rückendeckung? Man kam sich danach ganz klein vor, da unsere gewöhnliche  Schutzbehauptung, es sei sowieso sinnlos, die Medien zu korrigieren, natürlich nicht verfing. In beängstigender Weise wurde Frau Zuber zum „Gewissenswurm“ der etablierten Stadtgeschichte, zum festen Bestandteil des Dienstbetriebs. Ihr längeres Ausbleiben schuf Verunsicherung, bewirkte bisweilen Selbstvorwürfe und war Anlass besorgter Rückfragen zwischen Amtleiter und Stellvertreter.

Rasch war klar geworden, dass hier jemand aus eigener Kraft etwas vorantrieb, was die wissenschaftlichen Institutionen nicht leisten konnten. Nämlich eine Grundinformation für interessierte Münchnerinnen und Münchner, die man in meiner Kindheit noch als „Heimatkunde“ bezeichnet hatte. Zum anderen eine Teilnahme am ständigen wissenschaftlichen Fortschritt. Ein Weiterentwickeln der Perspektiven, das nur durch die ständige Kontaktnahme zwischen den Wissenden und den Fragenden möglich ist. Die dritte Komponente war der Ernst und die Strenge mit der Wissensvermittlung betrieben wurde. Also konzentrierte Lerneinheiten anstelle seichter Unterhaltungsveranstaltungen; Aufstieg durch Prüfungen, Teilnahme an den höheren Mysterien allein nach dem Grad der persönlichen Entwicklung. Dieses Rezept „Zuber“ spornte an, weckte den Ehrgeiz, vermittelte ein Erfolgsgefühl, schenkte Sicherheit und Selbstbewusstsein. Erstklassige Referenten garantierten die Aktualität der Information.

Den Erfolg des Instituts bestätigte der immense Zulauf. Überzeugend die Idee, Landes- und Stadtgeschichte auch außerhalb des Burgfriedens und jenseits der Grenzen des Freistaats zu suchen und zu finden. Lernreisen mit anspruchvoller Thematik und dichtem Programm weckten ein Bewusstsein dafür, dass sich das Besondere immer aus dem Allgemeinen und das Eigene aus dem Fremden ableitet. Die Motivation der Kursteilnehmer durch selbst erarbeitete Publikationen mit anspruchsvollem Niveau rundete das Spektrum ab, Schülerschaft wandelte sich so in Teilhabe an der verantwortungsvollen Wissensvermittlung.

Motor des Unternehmens zuhause und überland: die rastlose Institutsleiterin. Jedermann war fasziniert von ihrer durchaus autoritätsbesetzten Zwanglosigkeit. Aus der Familiarität des Umgangs im Institut entwickelten sich viele private Freundschaften. Daraus flossen wiederum Engagement für die Vereinsziele, Hilfestellungen für die Gemeinschaft, die jeder nach seinen Möglichkeiten gerne einbrachte. War der Verein am Ende eine Sekte, ein Orden, eine „ecclesia“? Für den Beobachter von außen drängten sich solche Vergleiche manchmal auf. Eines ist sicher: das Institut Bavaricum kann als eine außergewöhnliche, einzigartige und unwiederholbare Münchner Einrichtung gelten. Eine Eliteschule ohne elitäres Gehabe, eine zwar nicht offizielle, doch mindestens offiziöse Privatuniversität in „bavaricis et monacensibus“. Und Frau Zuber war natürlich mehr als eine Dozentin, Führerin, Leiterin, Organisatorin: sie war die Seele des Unternehmens, zugleich dienend und herrschend, in der Darstellung präzise und sachlich, im Umgang korrekt und warmherzig, in der Wirkung unangefochten, beneidet und bewundert.

Zuspruch und Anerkennung für Ihr Lebenswerk haben Sie, verehrte Frau Zuber, in den letzten Jahrzehnten bereits genug gefunden. Nehmen Sie zum 40. Jubelfest, das für alle auch einen schweren Abschied bedeutet, heute den Dank eines inzwischen selbst in die Jahre gekommenen Stadtarchivars und Stadthistorikers entgegen. Sie haben es wirklich fabelhaft gemacht.